Jahresbericht 2009/2010, von HV zu HV

erstattet an der Hauptversammlung am 10. Mai 2010 in Buchs.

Sehr geehrte Mitglieder

Im Namen des Vorstands darf ich Ihnen den Jahresbericht für das zweite Jahr der Amtsdauer 2008-2010 vorlegen. Über einiges haben wir Ihnen bereits in einem Brief im August 2009 berichtet, der Jahresbericht soll auch diese Punkte vollständigkeitshalber kurz wiederholen.

An der letztjährigen Hauptversammlung am 28. April 2009 in St. Gallen standen die üblichen statutengemässen Sachgeschäfte auf der Traktandenliste: Der Jahresbericht des Präsidenten „von HV zu HV  2008/2009“, die Rechnung für das Kalenderjahr 2008 sowie das Budget für das Kalenderjahr 2009. Die Rechnung schloss erneut mit einem grösseren Fehlbetrag ab – auf der Aufwandseite war u.a. der Druck eines Flyers zu den Kantonsratswahlen zu verzeichnen, auf der Einnahmenseite war ein spürbarer Rückgang bei den Mitgliederbeiträgen zu registrieren. Weil das Budget für 2009 ein ähnliches Ergebnis erwarten liess, wurde in Aussicht genommen, der HV 2010 eine massvolle Erhöhung des Mitgliederbeitrags zu beantragen – verbunden mit dem immer gültigen Anliegen, für den Verein neue Mitglieder zu gewinnen.

Die öffentliche Versammlung im Anschluss an die HV befasste sich mit dem Agglomerationsprogramm St. Gallen/ Arbon-Rorschach und der Durchmesserlinie Appenzell-St. Gallen-Trogen. Ueli Strauss, Leiter des Amtes für Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons St. Gallen, referierte über das Agglomerationsprogramm, zu welchem auch die Durchmesserlinie gehört, und zeigte dabei die Wechselwirkung von Raumplanung und Verkehr deutlich auf.  Dr. Hansjürg Düsel, Direktor der Appenzeller Bahnen, stellte in seinem Referat den Stand der Planung, die baulichen Massnahmen sowie den künftigen Betrieb der Durchmesserlinie vor. Das Ziel des Ausbaus ist ein durchgehender Viertelstundentakt. An die Gesamtkosten für den Ausbau von ca. 88 Millionen Franken will der Bund im Rahmen des Agglomerationsprogramms  20,9 Millionen Franken bezahlen. Derzeit läuft das Planbewilligungsverfahren beim Bund. Gegen das Vorhaben gibt es eine beachtliche Opposition, welche auch an diesem Abend in der lebhaften Diskussion zum Ausdruck kam. Das St. Galler Tagblatt berichtete über den Anlass unter dem Titel „Bahnpläne für den Bund“ am 30. April 2009.

Am 12. September beteiligte sich die IGöV Ostschweiz wie bereits in den Vorjahren an einem Mobilitätsmarkt, den die Stadt St. Gallen wiederum als Beitrag zu ihrer Kampagne clevermobil  durchführte. Der Markt wartete mit einem vielfältigen Programm auf und erfreute Alt und Jung, die älteren u.a. mit der Möglichkeit, sich auf einer alten Draisine „aus eigenem Antrieb“ einige Meter zu bewegen, die jüngsten mit einer Laufradolympiade – ebenfalls mit eigenem Antrieb. Der IGöV- Marktstand bot detaillierte Informationen über die Ausbauten der Bahnlinie nach München unter dem Titel „München rückt näher“. Die Bauten liegen teilweise ganz in der Nähe (Doppelspur St. Fiden-Engwil oder die neue Rheinbrücke) und sind teilweise noch sehr umstritten (Bahnhof-Lösung in Lindau).

Auf den 21. September lud die IGöV zu einem Informationsanlass über die in der Stadt St. Gallen derzeit heftig diskutierten Umbaupläne von Marktplatz und Bahnhofplatz ein. Der sehr gut besuchte Abend mit Referaten von Stadträtin Elisabeth Beéry und dem Leiter des städtischen Tiefbauamts, Hansjörg Roth, bot einerseits einen guten Überblick und andererseits auch Gelegenheit zu kritischen Fragen, welche v.a. den Marktplatz betrafen (Haltestellen, Calatravahalle). Das St. Galler Tagblatt berichtete darüber am 24. September 2009 unter dem Titel „Wie der Verkehr simuliert wird“ und beschrieb dabei hauptsächlich das von Hansjörg Roth vorgestellte Computermodell, mit welchem der Rückstau beim öV simuliert werden kann. Zitat: „Angesichts eigener öV-Stauerfahrungen auf dem Bahnhof- und Marktplatz können einen Zweifel darüber beschleichen, ob die (günstige) Prognose zutreffend ist. Das wurde an einer Veranstaltung der IGöV deutlich. Vermutet wurde beispielsweise, dass die neue Parkgarage Schibenertor öV-behindernden Mehrverkehr auslöse.“

Unmittelbar vorgängig zu diesem Anlass fand eine a.o. Mitgliederversammlung der IGöV Ostschweiz statt, an welcher einstimmig beschlossen wurde, die Eidg. Volkinitiative des VCS „Für den öffentlichen Verkehr“ zu unterstützen. Die Initiative verlangt, die Einnahmen aus den Mineralölsteuern nur noch zur Hälfte für den motorisierten Individualverkehr einzusetzen (derzeit sind es ¾) und die andere Hälfte (derzeit ¼) für den öV und die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene zu verwenden.

Die traditionelle Herbstveranstaltung fand am 24. Oktober 2009 statt und galt den HGV-Ausbauten der Bahnlinie nach München „in nah und fern“. Treffpunkt war der historische Saal im Hauptbahnhof St. Gallen. Gerhard Steiner, Projektleiter SBB, erläuterte die Ausbauten in der Nähe, den Doppelspurausbau St. Fiden-Engwil und die SOB-Spange, Andreas Bieniok, Leiter des Amts für öV des Kantons St. Gallen, gab anschliessend einen Überblick der übrigen Ausbauten: Rheinbrücke, Pläne für Lindau, Elektrifizierung Lindau-Geltendorf. Anschliessend stand eine Besichtigung der Baustelle zwischen St. Fiden und Engwil auf dem Programm. Der in der Zeitung angekündigte Anlass stiess auf ein derartiges Interesse, dass wir als Organisatoren fast an eine Grenze stiessen – aber es klappte alles und die mehr als 70 Teilnehmer erlebten eine aufschlussreiche und spannende Führung unter Leitung von Gerhard Steiner.

Anfangs Februar 2010 unterstützte die IGöV Ostschweiz mit einer Medienmitteilung die „Städteinitiative St. Gallen“, welche von der Organisation „umverkehr“ lanciert wurde. Die Initiative verlangt, dass eine Zunahme des Verkehrs in der Stadt nicht mehr durch den motorisierten Individualverkehr, sondern nur noch durch einen weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs und verbesserte Bedingungen für den Langsamverkehr (Ausbau des Fuss- und Radwegnetzes) erfolgen darf. Die Abstimmung fand am 7. März 2010 statt, die Initiative wurde mit 59,1% Ja-Stimmen unerwartet deutlich angenommen. Ähnlich lautende Initiativen wurden oder werden in mehreren Schweizer Städten lanciert.

Die parlamentarische Arbeitsgruppe öV des Kantonsrats St. Gallen wurde bisher von Hans Frei, Diepoldsau, geleitet. Nach seinem Rücktritt als Kantonsrat hat er auch die Leitung der Arbeitsgruppe weitergeben. Als neuer Präsident stellt sich Kantonsrat Thomas Ammann, Gemeindepräsident von Rüthi SG, zur Verfügung. Die Arbeitsgruppe hat sich am 22. Februar 2010 im Anschluss an den Sessionstag von Regierungspräsident Dr. Josef Keller und dessen Mitarbeitern Peter Kuratli und Andreas Bieniok über die Vorlage „S-Bahn St. Gallen 2013“ informieren lassen. Es nahmen 36 Kantonsrätinnen und Kantonsräte teil. Die vorberatende Kommission ist bestellt, die Vorlage wird vom Parlament im April in erster und im Juni in zweiter Lesung behandelt und soll im September 2010 zur Volksabstimmung gelangen: Hier wird es um einen Kredit von 50 Millionen Franken sowie die Vorfinanzierung von Bundesmitteln im Umfang von 30 Millionen Franken gehen. Das Treffen der Arbeitsgruppe bot auch Gelegenheit, Hans Frei für seinen langjährigen Einsatz für den öV zu danken.

Die IGöV Schweiz führte ihre Delegiertenversammlung am 9. Mai 2009 in Lausanne durch. Anschliessend ging es zu einer interessanten Besichtigung der Metro m2. Im Januar 2010 wurde eine Umfrage bei den Mitgliedern durchgeführt, deren e-mail-Adresse dem Sekretariat bekannt ist. Es beteiligten sich 265 Personen an der Umfrage. Näheres finden Sie unter www.igoev.ch.

Zuletzt in eigener Sache: Nach zehnjähriger Tätigkeit trete ich als Präsident der IGöV Ostschweiz auf die Hauptversammlung 2010 zurück. Ich freue mich sehr, dass sich Kantonsrat Beat Tinner, Gemeindepräsident von Wartau-Azmoos, bereit findet, die Nachfolge anzutreten. Selber werde ich als Aktuar weiterhin im Vorstand tätig sein. Ich möchte an dieser Stelle allen Mitgliedern der IGöV und vor allem des Vorstands für die langjährige, gute und freundschaftliche Zusammenarbeit herzlich danken. Ich danke allen für ihren Einsatz zugunsten des öffentlichen Verkehrs, einer Einrichtung, deren Vorzüge zu loben in diesem Kreis Eulen nach Athen oder mit Blick auf unsere Region Wasser in den Rhein zu tragen hiesse.

Im anschliessenden zweiten Teil geht es, wie könnte es im Moment anders sein, um die S-Bahn-St. Gallen 2013. Wir sehen den Ausführungen von Regierungspräsident Dr. Josef Keller und Stefan Thalmann von den SBB mit grossem Interesse entgegen. Und zum Schluss bereits als kleiner Ausblick: Die IGöV Ostschweiz und auch die IGöV Schweiz sind gespannt auf die Volksabstimmung zur S-Bahn St. Gallen. Wir sind sehr erfreut, dass im Kanton St. Gallen erstmals wieder seit sehr langer Zeit über einen Kredit zugunsten des öV abgestimmt werden kann, und wir hoffen und sind zuversichtlich, dass diese sorgfältig geplante Schienenvorlage – wie bei Abstimmungen der letzten Jahre in andern Kantonen – vom Volk angenommen wird.

Heinz Surber, Präsident IGöV Ostschweiz