Bericht über Herbstveranstaltung 2014

Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr Ostschweiz schaut hinter die Kulissen

Im Rahmen der traditionellen Herbsttagung besuchte die IGöV das Unterhaltszentrum RICO (Regionalfahrzeug-Instandhaltungscentrum Ostschweiz) in Oberwinterthur. Im Anschluss an die Betriebsbesichtigung stellte Regierungsrat Benedikt Würth das neue Gesetz über den öffentlichen Verkehr des Kantons St. Gallen vor, welches demnächst in die Vernehmlassung geht.

RICO – Wartung mit festgelegtem Turnus

Die Gelenkzüge von THURBO werden ausschliesslich im ‘Regionalfahrzeug-Instandhaltungs-Centrum Ostschweiz’  in Oberwinterthur von rund dreissig Mitarbeitenden gewartet. Der Arbeitsplatz ist eine grosse Halle, vier Gleise führen in die Grosswerkstatt. Gleich nebenan werden auch die Zürcher S-Bahn-Züge gewartet. Gewisse Arbeiten können auch ausserhalb der Halle auf dem riesigen Gleisfeld vorgenommen werden – sofern die Witterung dies zulässt.

Bei hohem Verkehrsaufkommen, also in den Pendlerstunden am Morgen und am Abend, sind 84 der insgesamt 90 THURBO-Züge unterwegs. Wenn tagsüber die Frequenzen sinken sowie in der Nacht werden die Züge zur Wartung nach Oberwinterthur geschickt. Diese geschieht nach einem genau festgelegten Turnus, sozusagen fahrplanmässig. Im Schnitt wird ein Zug alle zehn bis zwölf Tage gewartet. Die Gelenkzüge bleiben während zwei bis drei Stunden bei RICO. Während dieser Zeit werden Grenzmasse geprüft, Filter ausgewechselt, Verschleissteile ersetzt, Einstellungen kontrolliert und bei Bedarf kleinere Schäden behoben.

Auf der Führung durch den Betrieb wird erklärt, dass das Ziel – ähnlich wie im Gesundheitswesen – bei der Prävention liegt: Durch die regelmässige Wartung und das rechtzeitige Auswechseln beispielsweise von abgenutzten Rädern sollen grössere Schäden oder gar Unfälle vermieden werden. Ein grosses Problem stellt die Elektronik dar, welche in ziemlich allen Bauteilen enthalten ist und durch Fahren über Weichen strapaziert wird. Jedes Öffnen einer Türe oder jedes Spülen auf dem WC wird elektronisch erfasst, und sobald hier auch nur ein kleiner Defekt auftritt, wird die Türe oder das WC gesperrt – was für Thurbo-Reisende von Nesslau nach Kreuzlingen nicht angenehm ist. In solchen Fällen wird ein Zug auch ausserhalb des Turnus zur Wartung überführt.

Neues öV-Gesetz im Kanton St. Gallen

Im Anschluss an die Führung gab Regierungsrat Benedikt Würth einen Überblick über aktuelle öV-Themen. Das Abstimmungsergebnis zur neuen Bahnfinanzierung FABI macht eine Revision der bestehenden Gesetzesgrundlagen notwendig. Bei dieser Gelegenheit sollen das bestehende Gesetz zur Förderung des öffentlichen Verkehrs und das Einführungsgesetz zum eidgenössischen Eisenbahngesetz in ein neues Gesetz überführt werden, d.h. aus zwei Gesetzen wird eines.

Viele bewährte Elemente wurden ins neue Gesetz übernommen. Neu ist der Bund für die Finanzierung der Bahninfrastruktur zuständig und die Kantone haben einen Beitrag an den Bahninfrastrukturfonds zu leisten. Für den Kanton St. Gallen beläuft sich der Anteil auf rund 34 Mio. Franken. Die Gemeinden leisten wie bis anhin 50 % an die Kosten des öffentlichen Verkehrs und sollen neu auch hälftig den Beitrag an den Bahninfrastrukturfonds mitfinanzieren. Neu wird der Ortsverkehr dem Regionalverkehr für Abgeltungen gleichgestellt. Die Vernehmlassung des neuen öV-Gesetzes dauert bis 15. Dezember 2014. Die Inkraftsetzung ist auf anfangs 2016 geplant. Grössere Opposition wird nicht erwartet.

Ein ungleich umstritteneres Thema ist das Mobility Pricing, wie auch letzte Woche an einer Tagung in St. Gallen mit Bundesrätin Doris Leuthard deutlich wurde. Die Idee, zu den Hauptverkehrszeiten höhere Tarife festzulegen, wird noch einiges zu reden geben. Argumentiert wird vor allem mit dem Umstand, dass die Gesamtauslastung, also das Verhältnis der belegten zu den verfügbaren Plätzen, lediglich 20% beträgt – was mit Blick auf den letzten Spätkurs von Trogen nach St. Gallen nicht weiter erstaunt.

An die Ausführungen von Benedikt Würth schloss sich eine lebhafte Diskussion an, unter anderem zur Beschränkung des Pendlerabzugs, der analog zur Bundessteuer (als Teil des FABI-Beschlusses) nun auch kantonal bei ca. Fr. 3000.- begrenzt werden soll.